Interview mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Fachkräftemangel und die Rolle der KI, Bestand vs. Neubau uvm.

Anfang des Jahres hatten wir besonderen Besuch: Ministerpräsident Winfried Kretschmann war zu Gast in unserem Büro. Gemeinsam haben wir über zentrale Themen wie die Energiewende, Innovationsförderung und die Herausforderungen für Startups in Deutschland gesprochen.

Im Nachgang haben wir ihm einige Fragen schriftlich gestellt – etwa zu den Hürden im Gebäudebestand, zur Rolle von Kommunen und Unternehmen sowie zur Bedeutung von Fachkräften und Künstlicher Intelligenz. Seine Antworten geben spannende Einblicke und zeigen auf, wo aktuell die größten Hebel für eine erfolgreiche Energiewende liegen.

Wir bedanken uns herzlich für die Zeit, das Vertrauen und das Engagement.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Interview Austausch Fachkräftemangel, Rolle der KI, Bestand vs Neubau und weitere spannende Themen.
Von links: Valentin Ege, Dr. Bernd Petraus, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Andrea Lindlohr MdL, Dr. Sebastian Schäfer MdB (Grüne)

Bestand vs. Neubau

Energie vermeiden oder optimieren?

berta & rudi: 
Wo sehen Sie den Schwerpunkt bei der Umsetzung der Energiewende – im Gebäudebestand oder beim Neubau? Welche Faktoren verdienen hierbei besondere Aufmerksamkeit, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Im Kontext der Energiewende stellt sich oft die Frage nach Priorisierung: Sind energetische Sanierungen der Gebäudehülle wichtiger, trotz höherer Kosten, oder sollten verstärkt effiziente Energietechnologien zum Einsatz kommen, die schneller CO₂ einsparen? Wie positionieren Sie sich in dieser Diskussion?

Ministerpräsident Kretschmann:
Der Gebäudebestand verursacht einen Großteil der Emissionen und des Energieverbrauchs. Daher liegt unser Hauptaugenmerk auf dem Bestand. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Stromnetze und Reserven wirklich gestalten zu können, kommt der Gebäudesanierung eine große Rolle zu. Denn jede eingesparte Energie muss nicht erzeugt, nicht transportiert und nicht gespeichert werden. Wichtig ist dabei, dass diese Sanierungen innovativ und emissionsarm geschehen. Schließlich müssen wir auch viel „graue Energie“ einsparen – also die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung, Transport, Einbau und Entsorgung der Baustoffe anfallen. Um den Gebäudebestand bereit für die Energiewende zu machen, müssen Eigentümerinnen und Eigentümer überzeugt werden, in die konkrete Umsetzung zu gehen. Dafür sind gute politische Rahmenbedingungen und Anreize entscheidend, für die sich die Landesregierung bei der Bundesregierung einsetzt. Grundsätzlich ergänzen sich bei der Energiewende die energetischen Sanierungen und der Einsatz effizienter Energietechnologien gegenseitig: Die energetische Sanierung der Gebäudehülle ist wichtig, um den Energiebedarf eines Gebäudes zu reduzieren. Und das Einsparen von Energie ermöglicht die Entlastung der Netze, eine schnellere Umsetzung der Energiewende und eine größere Unabhängigkeit von Importen.

Zusammenarbeit von Land, Kommunen und Unternehmen

Unterstützung für Kommunen und Unternehmen

berta & rudi: 
Wie lässt sich aus Ihrer Sicht die Kooperation zwischen Land, Kommunen, Start-ups und etablierten Energieversorgern optimieren, um nachhaltige Energiesysteme gemeinschaftlich erfolgreich umzusetzen?

Welche Empfehlungen haben Sie für Kommunen und Unternehmen, die aktiv zur Energiewende beitragen möchten, und wie kann das Land Baden-Württemberg diese Akteure konkret unterstützen?

Ministerpräsident Kretschmann: 
Damit Vorhaben erfolgreich sind, müssen alle Beteiligten früh miteinander ins Gespräch kommen. Dabei hilft es, wenn ein „Kümmerer“ zur Seite steht. Deswegen unterhält Baden-Württemberg mehrere Kompetenzzentren, die den Akteuren unterstützend zur Seite stehen. So kann der manchmal steinige Beginn gemeistert werden. Für die Wärmewende hat das Umweltministerium außerdem einen Wärmegipfelprozess mit zwei Wärmegipfeln veranstaltet. Dort bringen wir die vielen Akteure der Wärmewende an einen Tisch. An die Kommunen und Unternehmen appelliere ich außerdem, Gebrauch von den umfassenden Unterstützungsangeboten zu machen, die wir hierzulande bieten. Kommunen finden beispielsweise bei der Klimaschutz- und Energieagentur des Landes wertvolle Hilfe für den kommunalen Klimaschutz. Geht es um die Energiewende, kann in entsprechenden Kompetenzzentren Unterstützung gefunden werden, etwa bei beim Thema Wärmewende. Darüber hinaus haben wir Ende April dieses Jahres mit den kommunalen Landesverbänden schon zum fünften Mal unseren Pakt für den Klimaschutz und Klimaanpassung geschlossen. Und auch für Unternehmen gibt es hierzulande viele Unterstützungsangebote. So ist zum Beispiel die Umwelttechnik Baden-Württemberg die erste Anlaufstelle für Firmen, die Beratung bei den Themen Ressourceneffizienz, Abwärme oder Klimaschutz suchen.

Fachkräftemangel und Rolle der KI

berta & rudi: 
Innovative Konzepte benötigen qualifizierte Fachkräfte zur Umsetzung. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation im Bereich der Ingenieurwissenschaften hinsichtlich des Fachkräftemangels, und inwieweit könnte der Einsatz Künstlicher Intelligenz dazu beitragen, diese Herausforderung abzumildern?

Ministerpräsident Kretschmann: 
Unser wichtigster Rohstoff bleiben die Köpfe, die Menschen. Wir brauchen gut aus- und weitergebildete Fachkräfte, auch unter den Ingenieuren. Eine starke Antwort auf den Fachkräftemangel ist deswegen unsere landesweite Weiterbildungsoffensive. Und wenn neue Technologien Berufstätige unterstützen und einzelne Aufgaben abnehmen, könnte Künstliche Intelligenz ebenso den Fachkräftemangel abmildern. Wir können in vielen Bereichen froh sein, wenn diese Technologie manche Routineaufgabe übernimmt. Dadurch wird auch Arbeitskraft frei, die an vielen Stellen händeringend gesucht wird. Doch wenn in immer mehr Bereichen der Arbeitswelt Künstliche Intelligenz eingesetzt wird, müssen auch immer mehr Menschen den Umgang mit ihr lernen. Viele Beschäftigte müssen also weitergebildet werden. Zur Unterstützung hat die Landesregierung etwa die Initiative FachkräfteLÄND ins Leben gerufen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann rechnet mit berta & rudi Energiekonzept

Bei seinem Besuch in unserem Büro in Esslingen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann gemeinsam mit uns ein konkretes Energiekonzept durchgerechnet – praxisnah, datenbasiert und mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft. Neugierig geworden? Über den Button geht es zum Blogbeitrag.